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Elze im Zweiten Weltkrieg

von Helene Wittbold

 

Die Elzer Hitler Jungen wurden nun, wohl auch wegen der in den Krieg gezogenen Männer, von Erich Scheffel aus Hohenheide in die Freiwillige Feuerwehr integriert. So hatte man eine sinnvolle Aufgabe für die Jungen und konnte auch den militärischen Drill weiter trainieren. Mit Ankunft der ersten Kriegsgefangenen während des Zweiten Weltkriegs konnte endlich die personelle Not auf den Höfen und in den Gewerbebetrieben gelindert werden, die durch das Einziehen unserer Kriegsteilnehmer entstanden war. Wenn auch ein Kriegsgefangener den eigenen Sohn arbeitsmäßig nicht ersetzen konnte, so wurden diese doch in den meisten Fällen gut behandelt.

Ab 1942 gab es in unregelmäßigen Abständen Fliegeralarm, den unsere vor dem Krieg neu gebaute Sirene auf dem Transformatorenhäuschen am Bruchweg laut heulend ankündigte. Wir verbarrikadierten die Kellerfenster mit Sandsäcken und flüchteten bei Alarm in die Kellerräume. Fenster und Türen mussten jeden Abend verdunkelt werden. Glücklicherweise blieb Elze aber von Bombentreffern verschont, dafür mussten aber ab 1943 viele ausgebombte hannoversche Familien bei uns im Dorf untergebracht werden. Einige Firmen lagerten auch ihre Waren und Produkte für den Rest des Krieges hier nach Elze aus, denn Hannover war stark zerstört. Ein paar Flugzeuge stürzten in unserer Feldmark ab (siehe Bilddokumente). Aus dem Fallschirm eines abgestürzten Jägerpiloten bekam Elfriede Sprengel ein Brautkleid aus feiner Seide für die erste Nachkriegshochzeit mit Kreugers Otto im Oktober 1945. Da ab 22.00 Uhr Ausgangssperre herrschte, mussten wir nach Mitternacht über die Höfe nach Hause schleichen, um nicht von den Besatzern verhaftet zu werden. Nun aber zurück zum Kriegsgeschehen.

Seit Beginn des Jahres 1945 ahnten wir schon das nahe Ende des Krieges. Am 10. April 1945, einem sehr schönen Frühlingstag, kamen amerikanische Panzer in unser Dorf gefahren. Schon den ganzen Morgen konnten wir sie auf der L 190 fahren sehen und hofften, dass sie gar nicht nach Elze kommen würden.

Jetzt aber stand mit einem Mal ein Panzer bei uns auf dem Hof und ein weiterer vor der Toreinfahrt. Zu meinem Mann und den anderen im Haus sagte ich: “Lasst mich ihnen entgegen gehen, ich bin schwanger, mir werden sie nichts tun.” Sie durchsuchten unser Haus dann nach versteckten Waffen und Soldaten und später tarnten sie den einen Panzer hinter Willers Hecke und den anderen gruben sie auf dem Acker ein. Am nächsten Tag wurden Bürgermeister Wilhelm Sprengel und viele Männer aus dem Dorf verhaftet und bei Goltermanns auf dem Hof verhört, wobei Kriegsgefangene als Zeugen vernommen wurden. Schulmeister Bernhard Schöner, Heinrich Hemme und ein paar andere Männer wurden auf einen Militärlastwagen geladen und nach Mandelsloh gebracht, wo ein Militärgericht eingerichtet war. Nach einer Nacht als Gefangene und anschließender Entlastung mussten die Männer zu Fuß nach Elze zurücklaufen. Da der Krieg noch nicht zu Ende war, mussten die Männer sich bei nahenden Tieffliegern zwischen Kartoffelreihen werfen oder hinter Hecken und in Gräben verstecken. Gegen Abend kamen sie aber wohlbehalten im Dorf an. Nach ein paar Tagen zogen die Amerikaner weiter und es wurde wieder ruhig im Dorf, bis schließlich Engländer das Dorf neu besetzten und für längere Zeit blieben. Als diese am Ende abzogen, nahmen sie den vor dem Krieg angeschafften Feuerwehranhänger mit dem ganzen technischen Gerät mit aus dem Dorf hinaus.  

 

Das war der letzte Ausweis, der in Elze vor dem Zusammenbruch ausgestellt wurde. Das Bild ist mit Tackerklammern befestigt.

Unterschrieben wurde das Dokument von der Schreibkraft Wilhelm Sprengels, weil er wahrscheinlich Angst hatte, den Ausweis noch selbst zu unterschreiben. Das Dokument ist die Rückseite eines Kontoauszugs der Kreissparkasse, weil es kein Papier mehr gab.